Sonntag, 27. Februar 2011

Statt eines Kommentars

...ich habe keine Langeweile, das kenne ich gar nicht...“, wie oft schon habe ich das selbst gesagt. 
 
Besonders Frauen scheinen stolz darauf zu sein, keine Langeweile zu kennen, immer zu tun und damit eine Existenzberechtigung in unserer Welt zu haben. Wenn ich sichtbar fleißig oder sonst wie tätig bin, werde ich weder gefragt: „Was machst du eigentlich den ganzen Tag?“, noch für Arbeiten heran gezogen, die ich nicht machen will. So wie in der Kindheit.

Da haben wir nämlich gelernt, dass Langeweile höchst verwerflich ist. Dass wir einfach keine Lange Weile zu haben haben. Einfach nur rumsitzen, nichts zu tun, vor uns hinträumen, war den Erwachsen aber so was von suspekt. Schließlich wurde ihnen diese Art der ineffektiven Tagesgestaltung auch schon ausgetrieben. Deshalb sind wir heute stolz darauf, dass uns nie langweilig ist. Es ist ein Zug unserer Zeit, selbige immer auszufüllen, mit irgend etwas beschäftigt zu sein. Sich regen bringt Segen! Solcher Art Sprüche haben schon unsere Vormütter auf Trab gehalten und die stets nimmermüden Hände finden dann auch auf so manchem Grabstein ihre Erwähnung.

Dabei gibt es eigentlich überhaupt kein wirkliches Nichtstun! Unser Körper, einschließlich des ständig betriebsamen Gehirns, „arbeitet“ immer und wenn nicht, dann sind wir tot.

Allerdings kann eventuell ein Tag kommen, an dem irgendein Fiasko unseren hochtourigen Alltag ausbremst und wir vielleicht nicht mal mehr Stricknadeln halten oder den Text auf dem Bildschirm lesen können. Die junge Alte wird dann vielleicht durch eine Krankheit oder sonst wie vom Schicksal zu einer partiellen Untätigkeit verdonnert. Oder die bisher zu Versorgenden sind plötzlich, warum auch immer, nicht mehr vorhanden. Keine tagefüllenden Aufgaben mehr zu haben, dafür ist nicht jede dankbar, besonders nicht, wenn damit der unerwünschte Gedanke einhergeht, ...ich werde nicht mehr gebraucht! Nicht gebraucht werden ist für manche gleichbedeutend mit „... da könnte ich auch tot sein!“ oder einfach nur: „Wie soll ich ab jetzt den Tag bloß rumbringen?“ 
 
Vom Innehalten bis zur Langen Weile ist es allerdings noch ein gutes Stück, denn um Langeweile auch spüren zu können, muss auch alles andere bereits erledigt sein oder andere haben sich der Erledigung dessen, was uns sonst in Atem hielt, angenommen. Plötzlich ist da eine leere, überflüssige, flüssige Zeit und wir müssen mitunter tief graben, um unser Potential zu aktivieren, dass die Weile, die Lange zur angenehmen Lebenszeit macht. Ohne, dass wir gleich wieder das Verlangen spüren, diese kostbare Zeitdehnung mit hohlem Tand und Tun zu zu kleistern.

Seit ich in meinem Leben wieder gelegentlich Langeweile oder müßigen Müßiggang habe, kann ich in Ruhe Gedanken zu Ende denken, in Erinnerungen kramen, manches erst jetzt verstehen, was mir dereinst undurchsichtig erschien. Ich genieße das öde Tropfen der Minuten im großen Stundenglas des Tages und stelle mir vor, es gäbe gar kein Tempo auf der Welt. 

Dann lobe ich mir die Lange Weile und wünsche, sie möge ewig dauern...



7 Kommentare:

Grey Owl Calluna hat gesagt…

Nun gut…..
Ich habe auch ohne einer Arbeit nach zu gehen eine Existenzberechtigung und ich fühle mich sehr wohl damit!
Es geht hier nicht um´s Arbeiten, ständig beschäftigt und zu Diensten zu sein.
Und träumen, weiß die Göttin, tue ich genug!
Auch die Arbeit habe ich mit Sicherheit nicht erfunden. Da würde ich mich doch eher als faul in Deinem beschriebenen Sinne bezeichnen….und damit geht es mir durchaus auch sehr gut.
Ich….muss nicht mehr genügen, ständig tätig sein. Hab´ich mir abgewöhnt. Konnte ich eh noch nie leiden.
Aber lesen, denken, träumen, reisen (im Kopf) ist auch etwas „getan“.
Ich denke schon, Du weißt schon was ich damit meine, wenn ich sagen würde, ich habe keine lange Weile.

Es ist wirklich so, ….so viele Menschen, so viele Definitionen nur eines Wortes, jeder/jede nach seiner Wahrheit, seinen Erfahrungen, seinem Blickwinkel….versteht etwas anderes darunter….aber meinen tun wir doch das Gleiche!
Da muss man nicht immer so an Worten „festmachen“.


Ich verstehe was Du in Deinem Post sagen willst, und Du hast damit selbstverständlich nur all zu Recht!!!
Und diesmal ziehe ich mir „die Jacke“ an, weil ich erst darüber geschrieben habe, was Dich wahrscheinlich inspiriert hat.


Ich weiß wie es ist „untätig sein zu müssen“ durch Krankheit,…und Du kannst mir glauben,…das DAS keinen Spaß macht.

Ich bin dafür dankbar, für jede einzelne Sekunde wo ich nichts arbeiten muss (was so wie so nicht mehr möglich wäre), was mir nicht gefällt, aber tun kann, was mir Freude macht, wenn ich das Nötigste erledigt habe, und deshalb habe ich auch keine lange Weile, frag´mich auch nie, wie ich den Tag rum bringen werde…und „die Decke fällt mir auch nicht auf den Kopf“. Auch ein viel zitierter Spruch, den ich schon oft gehört habe und in keinster Weise nachvollziehen kann.
Ich muss nicht „tief graben“…ist wie bei einem Schalter,…bumm…und schon ist alles da!

So, der Dampf ist raus…..lach…..
Wir verstehen uns schon!! Da bin ich mir doch sicher,…sind auch keine keifenden Weiber die sich unnötigerweise angiften, …..sondern….fallen uns schlussendlich wieder in die Arme!!!....und haben uns lieb!!!
Oder nicht?!
Im Grunde,...hast Du so wie immer recht....lach...
Sei ganz lieb gegrüßt
Rosi

Stephanie hat gesagt…

...aber Hallo und ob, ich kenne dich ja auch schon ein bisschen! Ich gifte auch nicht und jedes Jäckchen musst du dir auch wirklich nicht anziehen ;-)...

eine Lange Weile ist nämlich etwas, was frau gern vorenthalten wurde und immer noch wird. Und wenn dann allerorten so eilfertig versichert wird, auch gar keine Langeweile zu haben, da fange ich doch an zu fragen: Wem nützt es?

Unsere Ansichten überlappen sich doch meist, das wissen wir doch schon! Während du deine ganz persönlichen Empfindungen darstellst, rechne ich eben das Ganze zur Gesamtlage hoch. Das kennst du doch auch schon...
ich hab dich lieb
Stephanie
.

Diandra hat gesagt…

Es gibt ja einen Unterschied zwischen "Langeweile" und "Muße". Muße, Auszeiten, Erholung sind wichtig und sollten nicht zu kurz kommen. Aber "Langeweile" hat - zumindest für mich - immer auch den Beigeschmack von "Ich will bespaßt werden!"

Man muss nicht rund um die Uhr rotieren, um aktiv zu sein, aber auch in Erholungszeiten ist es (wissenschaftlich erwiesen) nicht gesund, nur zu vegetieren.

birgit hat gesagt…

das ist so eine definitionssache
als kind hab ich mich gelangweilt und das war ein ungemütliches gefühl
heute kann ich sitzen und vor mich hin schaun
...und die schterne ziehen über die mupfel...
und fühle mich nicht mehr ungemütlich nicht mal mehr an der kasse an der käsetheke oder an der haltestelle ausser wenns eisig ist

ich hatte glück meine mutter war keine von den niemitleerenhänden...frauen
sie las selbst so gern
und putzte so ungern *giggle*

also ich langweile mich heute nicht mehr aber ich liebe es lange weile zu haben
allerliebst
birgit

Stephanie hat gesagt…

liebe Diandra
... tja und genau da liegt der Kuschelhase in der Grütze...

warum wollen wir bespasst werden? Weil uns vielleicht ganz viele andere Optionen des angenehmen Zeitvertreibs rechtzeitig ausgetrieben wurden? Oder weil wir allein und in magerer Umgebung, alles schon durchgespielt haben, was möglich ist?
Ich kannte auch als Kind keine Langeweile, außer in der Schule, da hatte ich oft das Gefühl mich zu Tode zu langweilen..., aber das ist zum Glück vorbei!
Und was ist in dem Zusammenhang vegetieren? Das hört sich für mich dann nach Burn-out an...
beste Grüße Stephanie




Liebe Birgit
...ich wollt ich hätt eine mupfel, über die, die schterne ziehen ...
aber du hast recht, je älter wir werden, desto mehr Optionen und über um so mehr "Innenleben" verfügen wir um Zeit, die in unserer Welt als Leerlauf angelegt ist, zu gestalten...
lasset uns schauen und schweifen und weilen...
bis dahin Stephanie
.

schamanca hat gesagt…

hoppla, da haben wir ja ein gemeinsames Thema. Ich habe heute bei Facebook die Frage gestellt "wer kennt Langeweile" und prompt wurde von den Antwortenden absolut verneint, dass haben sie nicht, sie wissen immer was mit ihrer Zeit anzufangen. Ich schätze Lange Weile sehr, denn ich sehe sie wie Du und ich wünsche uns noch sehr viel davon.

herzliche Grüße in den Norden!
silvia

Stephanie hat gesagt…

Hallo Sylvia
wir haben ja lange nichts von einander gehört, um so mehr freu ich mich, dich auf meiner Waschweibseite begrüßen zu können. Ich hoffe dir geht es gut und ich werde gleich mal bei dir vorbei sehen...
ich hinterfrage gern mal die Standardbegriffe oder esoterischen Formeln
ich grüße dich herzlich
Stephanie
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