Freitag, 11. Februar 2011

Brief


Liebe Frauen,

es ist recht verbreitet, Partnerschaftlichkeit zwischen Mann und Frau als zukunftsweisend zu loben und immer öfter höre ich die Meinung, wenn Mann und Frau eines Tages partnerschaftlich mit einander umgehen, könnte das den Paradigmenwechsel herbeiführen und uns sogar in eine matriviviale Zukunft führen.

Frau setzt auf Männereinsicht, -vernunft und -handeln und darauf, dass Frauen, den ihnen zustehenden Anteil an der Welt endlich einfordern und auch erhalten. 
Und da sind sie wieder: unsere drei Probleme!
  • Einsicht in die Notwendigkeit, auch Frauen ihre innere und äußere Freiheit zuzugestehen.
  • Vernunft walten zu lassen, also gesunden Menschenverstand zur Anwendung zu bringen, wenn es um die Existenzberechtigung der lebenden Menschen geht.
  • Handeln als lebenserhaltendes Ausdrucksmittel im Kreislauf des (An)Nehmen und Gebens.

Partnerschaft ist ein gut etablierter, patriarchaler Begriff

An dem Begriff der Partnerschaft stört mich, dass er eigentlich ein so durch und durch patriarchales Ding ist. Ich kann ja grundsätzlich den Sinn hinter dem Bestreben, das Wort Ehe oder Beziehung durch den Begriff der Partnerschaft zu ersetzten, verstehen. Partnerschaft hört sich solide an, verbreitet so eine Aura von gleichberechtigtem Miteinander.

Aber von der eigentlichen Bedeutung her, hat Part(ner) nichts mit Gleichberechtigung oder -behandlung zu tun, sondern bezeichnet erst einmal nur eine Teilhabe an derselben Sache. Ein Part ist auch eine Rolle oder ein Gesangsstück für einen Künstler. Es ist eine Beteiligung an einem größeren Ganzen. Menschen kommen per Bereitschaftserklärung zusammen, um sich an einem gemeinsamen Projekt oder Geschäft oder einer Beziehung zu beteiligen. Um Partner in einer gemeinsamen Angelegenheit zu sein, muss vorab geklärt werden, wie die Unternehmung konkret aussehen soll.

In einem gewöhnlichen Geschäft bedeutet das, dass es aktive oder auch stille Teilhaber gibt. Die Grundlage in einer wirtschaftlichen Partnerschaft ist das Geld, die Einlage in das Unternehmen. Oder auch die Produktionsmittel oder die eigene Arbeitskraft, die in Geldwert umgerechnet wird.

Aber nicht jeder, der in einem Unternehmen arbeitet, ist ein Partner. Der Begriff des Partnersein betrifft nur die Verantwortungsträger, also die Inhaber oder Bestimmer. Die Beteiligung oder das Mitmachendürfen (der Lohn- bzw. Mitarbeiter) kann auch jederzeit (abrupt) enden. Das Unternehmen ist an einen gewissen wirtschaftlichen Erfolg geknüpft, weniger an die Zufriedenheit und das Wohlbefinden seiner Mitarbeiter. Das Ziel der Unternehmung ist Gewinn für die Eigentümer. Profit als eine Machtgrundlage.

Das Unternehmen der menschlich persönlichen „Partnerschaft“ (die heutige Bezeichnung für Zweier - Lebensgemeinschaften aller Art) soll jedoch anders geartet sein. Da geht es vor allem um den Wohlfühlfaktor (die gegenseitige Liebe) und weniger um den geldwerten Erfolg. Zumindest im momentan vorherrschenden Anspruch. Die (Paar)Beziehung als gemeinsames Unternehmen ist also so etwas wie ein ganz neues Geschäftsmodell und die Geschäftseinlage ist auch nicht Geld (höchstens unterschwellig), sondern Liebe, sowie gegenseitiges Vertrauen, bedingungsloses Zueinanderstehen und nicht zuletzt ein komplizierter Treueanspruch.

Zwei Menschen, die auf Grund der vorherrschenden gesellschaftlichen Spielregeln als allein* gelten, schließen sich zu einer Partnerschaft zusammen. Moment, jetzt habe ich ja noch vergessen zu erwähnen, dass es sich dabei vorzugsweise um Vertreter der beiden verschiedenen Geschlechter handelt. Ich vernachlässige mal die anderen Spielarten der Zuneigung und richte mein Augenmerk auf Mann und Frau. Denn sie sind die VertreterInnen, welche in Zukunft die Partnerschaftlichkeit in die Welt tragen sollen - Halbe halbe! Die Hälfte der Verantwortung, die Hälfte der Arbeit, die Hälfte des Gewinns, die Hälfte des Glücks. Spätestens jetzt müsste uns auffallen, dass das irgendwie nicht wirklich hinhaut, weder in der Gegenwart, noch für die Zukunft.

* ohne einen anderen, in irgendeiner Form Anspruch erhebenden, Angehörigen und auch unabhängig von anderen Sippen/Familienmitgliedern

In einer Lebensgemeinschaft gibt es keine tariflich vereinbarten Arbeits- und Pausenzeiten, keine Stechuhr, keine Gehaltsabrechnung. Nur am liebsten Liebe bis ans Ende aller Tage, denn versteckt in jedem Liebesgeschichtenanfang ist immer noch das alte Ehecredo „...bis dass der Tod uns scheidet!“ enthalten. Da will man sich auf ewig lieben, treu sein und gemeinsam alt werden, halt das ganze Programm der modernen Romantik. Je partnerschaftlicher es in einer solchen Verbindung zugeht, desto größer sind die Chancen, dass dieses Konstrukt ein Leben lang hält, so heißt es im Allgemeinen.

Aber „partnerschaftlich“ bedeutet, im Sinne der Sache, nicht zwangsläufig im Sinne der/s Anderen handeln.Partnerschaftliches Agieren ist vielleicht ein gutes wirtschaftliches Konzept, aber meiner Meinung nach nicht wirklich lebenstauglich im Sinne von fürsorglichem, empathischem, beständigem, verlässlichem und konsensbereitem Handeln. Das wird um so deutlicher, wenn sich diese private Co KG um mehrere kleine Personen erweitert.

Vom Begriff her bedeutete „partnerschaftlich“ im ökonomischen und vor allem im gesellschaftlichen Sinn, nämlich nicht unbedingt einem Partner mit Nachsicht und mit Wohlwollen und Liebe zugetan zu sein. In der Wirtschaft wird mit harten Bandagen gekämpft, selbst wenn man an der gleichen Sache beteiligt ist. In der Anwendung ist: einen „Partner“ haben, so eine typische doppelbödige, patriarchöse Idee.

Partnerschaftlich“ auf das Miteinander der Geschlechter anzuwenden ist relativ neu.

Einen Partner haben, gehört inzwischen irgendwie zum Mannsein dazu. Das kennen wir aus diversen Heldenideologien und es wird an uns durch tausende Geschichten, in Büchern, Filmen und Serien herangetragen. Die Idee gipfelt darin, mit einem Partner mehr Zeit, als mit der eigenen Familie zu verbringen oder im Zivilisationsdschungel mit ihm durch dick und dünn gehen und für ihn sogar das eigene Leben zu riskieren. Aber als ein Partner wird manchmal auch ein Gegenspieler oder Kombattant bezeichnet, also der Feind. Der „Partner“ im Videospiel zum Beispiel, darf nach Herzenslust niedergemetzelt werden.

Alles sehr untaugliche Vorstellungen, um auf eine alltagsbeständige Beziehung mit Frau und Kind übertragen zu werden, finde ich. Das Kumpelgetue, das sich auf die maskuline Art bezieht mit Nichtkonkurrenten umzugehen, ist für mich eine eher gruselige Vorstellung im Zusammenhang mit dem Tagesgeschäft einer persönlichen, kinderbezogenen und häuslichen Lebensgemeinschaft. Die Partnerin eines Mannes zu werden, bedeutet, sich auf die bereits etablierte, männliche Verständnisebene zu begeben.

Ich habe in einer Ehe gelebt (die auch da schon wahlweise als Beziehung oder Partnerschaft bezeichnet wurde), als Partnerin im oben erwähnten Sinn, habe ich mich nicht gefühlt. Da ich anfangs noch als klassische Ehefrau agierte, die das persönliche Wohl ihres Gatten (ausschließlich) im Sinn hatte, änderte sich mit der Geburt der ersten Tochter die Aktionsbühne. Stand ich zuvor unter dem Eindruck, ich erfülle (spiele) meinen Part, fing jetzt mein eigentliches Leben an. Mutter sein, mit seinem gesamten Verantwortungsspektrum, ist so eine ganz andere Dimension als Partnerin. Ich fühlte, anfangs nur diffus, das war nicht mehr meine Aufgabe, wenn ich meinen Kindern gerecht werden wollte. Von Seiten meines Mannes und Vater der Kinder stellte sich zwar zum Teil so nach und nach im Tagesgeschäft auch diese urbrüderliche Unterstützung ein, die eine Ahnung von sippenhaftem Lebens aufkommen ließ, aber das allgemeine, männliche Rollenklischee stand ihm jedoch ständig im Wege.

Den Mann als Liebespartner, als Vater der Kinder, als besten Freund, auch als Haustyrann zu sehen, ist akzeptabel, ihn jedoch unter dem Aspekt der Brüderlichkeit wahrzunehmen, ist verpönt. Dabei ist doch der lebendige, geschwisterliche Zusammenhalt die Erstform des sozialen Zusammenlebens.

Partnerschaftliche Erwartungen (ohne Liebesgefühle), an einen Vertreter des anderen Geschlechtes, laufen meiner Erfahrung nach in der momentanen gesellschaftlichen Art des Umgangs der Geschlechter immer noch ins Leere. Genau genommen ist es, bei der immer noch gut konstituierten Frauenverachtung allerorten, fast nicht vorstellbar, jemals eine prinzipielle gegenseitige, menschliche Achtung und den dazu gehörigen, lebendigen Gemeinsamkeitssinn zu erwarten.

Wenn wir uns jedoch eines Tages trauen das geschwisterliche Zusammenwirken von Mann und Frau zu fordern, dann könnte es vielleicht etwas werden mit der Gleichwertigkeit in unserer Gesellschaft.


Stephanie Ursula Marthastochter



2 Kommentare:

Grey Owl Calluna hat gesagt…

Du hast es getan!!!
Gratuliere!! Juhu!!!

Wir müssen "so" weiter machen.....
Du wirst sehen, Frau, und vielleicht auch man...sieht schon noch ein....wo die Ursachen liegen.
Sei lieb gegrüßt
Rosi

Anonym hat gesagt…

ch muss das rausziehen, ausdrucken und wie auch den anderen längeren Text von dir nochmal in Ruhe lesen. Ich meld mich dann...

irka